Geschichten aus dem Baltikum

4. Juli 2022
Wie wir endlich Gleichgesinnte trafen

Wie einige von euch vielleicht schon mitbekommen haben, sind wir mittlerweile in Skandinavien unterwegs, doch ein paar Anekdoten und Fotos aus den drei baltischen Ländern sind wir euch noch schuldig.

Kurze Wege ermöglichten es uns jeden Tag auf einem anderen Stellplatz, in einem anderen Wald, mit anderen Menschen eine gute Zeit zu verbringen.
Ja richtig, nach einem Monat auf der Reise haben wir tatsächlich Kontakt zu anderen Campern gehabt und zu unserem Erstaunen waren es keine Touristen, sondern Einheimische. Zu Beginn hatten wir das Gefühl die Litauer wären gerne unter sich in der Natur und fühlen sich unwohl Englisch zu sprechen. Doch als wir genau zu Jonas Geburtstag im Hinterland, in der nordöstlichen Ecke von Litauen unterwegs waren, um dort eine Kanutour zu machen, trafen wir direkt zwei Gruppen von Einheimischen in unserem Alter.

Die einen, die damit beschäftigt waren zu trinken, ein riesiges Feuer anzuschüren und dabei unentwegt Lieder grölten, bemerkten uns erst gar nicht. Einer aus der anderen Gruppe, der gerade im Wald einen Baum gefällt hatte und Testosteron gesteuert darauf einschlug (eine frische Kiefer ist sehr hart), vernahm wohl unser, für ihre Verhältnisse, recht kleines Feuer aus gesammeltem Totholz und beschloss uns einen Stapel seiner frisch gespaltenen Holzscheide mit den Worten: „For you. I want nothing. It´s just for you.“ vor die Füße zu werfen.

Er zog schnell und schüchtern wieder von dannen, aber angesteckt von so viel Gastfreundschaft konnten wir dann dem betrunkenen Kristupas aus der anderen Gruppe nicht verwehren sein Handy in unserem Bus zu laden. Er schlug um
23 Uhr bei uns auf und amüsierte sich darüber, dass seine Freunde als frisch gebackene Familienväter nix mehr aushielten und alle schlafen gegangen wären. Da boten wir uns doch glatt als Ersatz an und es endete in einem feuchtfröhlichen Abend mit Jägermeister und gutem regionalen Bier dessen Restbestände er uns glatt noch überließ.

Die nächsten Menschen trafen wir dann am nördlichsten Punkt Lettlands, dem Kap Kolga. Mit einem allein reisenden Österreicher und einer Deutschen mit Hund, die im VW Caddy unterwegs war, verbrachten wir hier einen großartigen Abend mit Wein und guten Gesprächen.

Danach wurde es allerdings ruhig und so entschieden wir nochmal in Riga zu halten, denn diesmal kamen wir dort pünktlich zum Bierfestival vorbei und uns beiden tat ein lockerer Abend und ein bisschen feiern gut. Auch wenn wir super miteinander auskommen und uns schnell an das Leben und Reisen auf engstem Raum gewöhnt haben, brauchen wir diesen sonst selbstverständlichen Kontakt zur Zivilisation hin und wieder.

In ganz Estland sahen wir dann kaum noch Touristen außerhalb der Großstädte. Eine freundliche Dame in einem süßen Heimatkunde Museum in Tartu, die sogar deutsch sprach, freute sich darum sehr über unseren Besuch und klagte uns gleichzeitig ein wenig ihr Leid. Sie meinte Estland hätte wohl an Ansehen verloren bei den Deutschen, früher hätte es deutlich mehr Touristen gegeben, aber der Trend sei verflogen. Und sie bat uns kräftig Werbung für das Land zu machen. Und das wollen wir hier abschließend tun.

Tartu wird Kulturhauptstadt 2023 und lohnt sich für Museumsgänger sehr. Die Kunstszene ist im Baltikum generell ausgeprägt. Es herrscht auch ein bescheidener, eleganter Schick auf den Straßen der größeren Städte.
Die Insel Saaremaa hat uns unglaublich gut gefallen, hier bekommt man Ruhe und Abgeschiedenheit, steile Klippen und viele Vögel zu sehen. Wer ein Boot, Angeln, oder ein Kanu im Gepäck hat wird dort, genau wie an vielen anderen Ecken im Land, definitiv auf seine Kosten kommen.
Zum Schluss ist da natürlich noch die Hauptstadt Tallin, die uns nachhaltig im Kopf geblieben ist. Eine schöne Stadt mit Charme, für die wir zu wenig Zeit hatten, uns aber für zukünftige Städtetrips im Hinterkopf fett markiert haben. Manchmal kann man es an nichts Bestimmten festmachen. Das Gesamtbild hat uns einfach innerhalb kürzester Zeit so überzeugt, dass sich nun Tallin und Krakau Platz 1 und 2 in unserem Großstadtranking teilen.