Wo sind denn nun alle?
Weihnachten und Silvester in Portugal
Wir hatten schon immer den Wunsch andere Reisende und Camper zu treffen, um über Vanausbau, Reiseroute oder allgemein Vanlife zu fachsimpelt und andere spannende Lebensgeschichten zu erfahren. Oder auch einfach nur einen entspannten Tag am Strand oder Abend am Lagerfeuer zu verbringen. Und vielleicht stimmt die Chemie und Reiseroute und wir können eine paar Tage zusammen durch das Land ziehen.
Allerdings waren solche Begegnungen bisher eher die Seltenheit, denn wir waren entweder vor oder hinter dem großen Touristenstrom. Als wir im Frühjahr starteten, war noch niemand losgezogen und wir teilten uns die Grillplätze meist mit Einheimischen, die dort ihr Wochenende verbrachten. Zur Hauptsaison hielten wir uns um hohen Norden auf, während der Haupttourismus die südlichen Regionen Norwegens und Schwedens erkundete, denn mehr schafft man nicht in 2-3 Wochen Urlaub. Und falls wir doch mal auf Camper in unserem Alter trafen, so hatten sie ein wesentlich sportlicheres Tempo wie wir. Und als wir dann auf dem Weg in den Süden durch die Beneluxländer und Frankreich fuhren, war dort die Campingsaison schon zu Ende. So hatten wir lediglich ein paar kurze Begegnungen, die sich auf Smalltalk neben dem Bus beschränkten.
Jetzt sind wir in Portugal, es ist der 17.12.22 und wir haben noch sieben Tage bis Weihnachten und fragen uns, wo sind denn nun die anderen? Mit Blick auf die Wetterkarte wird uns klar, wir müssen raus aus den kalten Bergen und an die Küste fahren, denn dort sind die Chancen wesentlich größer auf andere Camper zu treffen. Der Plan war nämlich Weihnachten und Silvester mit einer Gruppe Gleichgesinnten zu feiern. In einer Facebookgruppe haben wir gefragt, wer sich denn noch im Süden Portugals aufhält, haben aber nur wenig Resonanz erhalten oder die Leute waren an der Mittelmeerküste von Spanien unterwegs. Zwei Tage vor Weihnachten haben wir dann doch ein Treffen vereinbart, das aber zehn Minuten bevor wir am vereinbarten Platz ankamen platzte, da der Typ wegen schlechtem Wetter drei Stunden in den Süden gefahren ist.
So standen wir wieder alleine da. Weihnachten rückte immer näher und unser Plan für die Feiertage war so ausgereift wie eine steinharte Avocado. Also sind wir noch ein Stück nach Süden gefahren und fanden in der Nähe von Nazaré einen wunderschönen Platz an der Steilküste und uns war klar, hier wollen wir Weihnachten verbringen. Mit anderen zu feiern hat zwar nicht sein sollen, aber hier machen wir uns dann eben zu zweit eine schöne Zeit. Darin sind wir ja schließlich geübt nach acht Monaten on Tour.
Den Heilig Abend starteten wir mit einem gemütlichen Frühstück im Freien mit Blick auf die unendliche Weite des Atlantiks. Da die Möglichkeiten in unserer Vanküche ein Festtagsmenü zu zaubern begrenzt sind, gönnten wir uns ein super leckeres Mittagessen in einem Restaurant direkt am Strand. Wenn man bei fast 20 Grad seinen Verdauungsspaziergang zu den berühmten Klippen von Nazaré macht, kommt eine etwas andere Art von Weihnachtsstimmung auf. So ganz ohne heimische Tradition wollten wir den Tag aber nicht vergehen lassen, weswegen wir es uns während der Bescherung mit Glühwein und Plätzchen gemütlich machten. Ein klein wenig Heimweh kam dennoch auf, war es doch das erste Weihnachten für uns beide ohne unsere Familien. Aber am nächsten Tag konnten wir durch ausgiebige Videochats mit unseren Liebsten dem etwas entgegenwirken.
So verbrachten wir wirklich sehr ruhige und entschleunigte Feiertage und uns war klar, Silvester darf gerne etwas trubeliger und lauter ausfallen und wo kann man das besser als in der Hauptstadt Lissabon. Mitten in der City haben wir auf einem Hügel einen Parkplatz gefunden, von dem man einen tollen Blick über die Stadt und das Flussufer hat. Und ganz zufällig wurden unterhalb des Hügels die letzten Vorbereitungen für eine große öffentliche Party mit Livemusik und Feuerwerk getroffen. Als sich am Abend der Parkplatz mehr und mehr füllte, kam ein deutsches Pärchen in ihrem VW-Bus und fragten, ob sie sich vor uns stellen dürfen. Da ich (Jonas) etwas egoistisch geparkt hatte und den Platz für zwei Fahrzeuge einnahm, fuhr ich zur Seite und sie konnten sich neben uns stellen. Die beiden waren uns gleich sympathisch und so war es nur logisch, dass wir um 0 Uhr gemeinsam die Korken haben knallen lassen. Auf unserer Flussseite und im Zentrum gegenüber gab es zwei spektakuläre Feuerwerke und wir wussten gar nicht, wo wir hinsehen sollen.
Nach einem wundervollen Abend in super Gesellschaft erkannten wir am nächsten Tag, die besten Treffen kann man nicht erzwingen. Man muss die Dinge so nehmen wie sie kommen und dem Schicksal seinen Lauf lassen.
Unseren Silvester-Hangover verbrachten wir auf dem Stellplatz von „Pacha Mama“, einer jungen Community aus zusammengewürfelten Nationen (deutsch, dänisch, finnisch, portugiesisch), die dort zum Teil im Van oder ausgebauten Doppeldeckerbus leben. Es gibt einen Gemeinschaftsraum mit Küche, gemauertem Pizzaofen, Sofas und Billardtisch. Im Garten steht zusätzlich ein mückensicherer Pavillon zum Lesen oder Yoga machen. Gerne wären wir noch länger geblieben, aber es zog uns weiter in den Süden, denn das nächste große Ziel war Sagres, der südwestlichste Punkt unserer Reise. Und ab hier begegneten wir immer mehr Winterflüchtlingen. Die Stellplätze wurden voller und die Anzahl deutscher Autokennzeichen nahm mehr und mehr zu. Während sich am Tag alle an den Stränden trafen, denn im Winter ist dort Hochsaison, es herrschen die besten Bedingungen zum Wellensurfen, zerstreuten sie sich am Abend ein paar Kilometer ins Landesinnere. Das gesamte Küstengebiet ist Naturschutzreservoir und die Guardia Civil verteilt ordentliche Geldstrafen bei Wildcamping. Allerdings fühlten wir uns in Mitten der Surfer etwas fehl am Platz, als wir mit dem Buch anstatt dem Surfbrett bewaffnet an den Strand zogen. Aber was solls, wir sind trotzdem ins Meer gesprungen, haben uns gegen die hohen Wellen geworfen und genossen die warme Sonne auf der Haut.
Für uns war es definitiv eine verrückte Erfahrung im Januar im Atlantik baden zu gehen, wo wir doch vor ein paar Wochen noch im dicken Wollpullover gefroren haben. Und so startet das neue Jahr mit wunderbaren und unvergesslichen Momenten, genau wie das verrückte vergangene Jahr endete. Wir sind gespannt, wie es weiter geht mit unseren Ideen und unausgereiften Plänen für 2023. Es wird auf alle Fälle nicht langweilig…